Windpocken - eine oft unterschätzte Kinderkrankheit
Auch 2014 waren es mehr als 22.000. Im Vergleich dazu: 2015 infizierten sich knapp 2.500 Menschen hierzulande mit Masern und etwa 9.000 mit Keuchhusten. Viele glauben immer noch, Windpocken seien eine harmlose Kinderkrankheit. Doch der Krankheitsverlauf ist nicht nur unangenehm, sondern auch mit möglichen Komplikationen verbunden – und könnte mit einer seit 2004 empfohlenen Impfung verhindert werden.
Symptome und Krankheitsverlauf
Die Windpocken werden durch das Varizella-Zoster-Virus übertragen. Die Inkubationszeit bei einer Erkrankung kann 8 bis 28 Tage betragen. Nach einer Ansteckung mit dem Virus dauert es in der Regel etwa 14 bis 16 Tage, bevor die ersten Symptome auftreten. In einem Zeitraum von 1 bis 2 Tagen vor dem Hautausschlag und 5 bis 7 Tage nach dem letzten Auftreten der Hautveränderungen ist man für andere ansteckend. Die Erkrankung beginnt mit Fieber und juckenden Bläschen, die verschiedene Entwicklungsstadien annehmen.
„Vom Winde verweht“
Windpockenviren werden hauptsächlich durch die sogenannte „Tröpfcheninfektion“ beim Atmen, Husten, Niesen oder während einer Unterhaltung von Mensch zu Mensch übertragen. Die Viren sind in der Lage, mehrere Meter durch den „Wind“ zurückzulegen – wie der Name bereits sagt. Es reicht bereits aus, sich mit einer infizierten Person in einem Raum aufzuhalten. Fast jede ungeschützte Person, die Kontakt mit einem Erkrankten hat, steckt sich mit Windpocken an. Zudem können die Varizella-Zoster-Viren tagelang auch außerhalb des Körpers ansteckend sein und sich beispielsweise an Türgriffe oder Wasserhähne haften und sich so übertragen. Eine weitere Ansteckungsmöglichkeit ist die „Schmierinfektion“ durch den virushaltigen Bläscheninhalt oder die Krusten. Durch das Aufkratzen können die Viren über die Hände weitergegeben werden und sich leicht auf Schleimhäute von Mund oder Nase übertragen.
Wer kann sich anstecken?
Als typische Kinderkrankheit treten Windpocken im frühen Kindesalter auf. Allerdings können sich auch Jugendliche und Erwachsene mit den Varizellen anstecken. Eine Übertragung während der Schwangerschaft auf den Fötus ist selten, aber möglich, wenn die Infektion zwischen der 5. und 24. Schwangerschaftswoche auftritt. Erkrankt die Mutter fünf Tage vor oder zwei Tage nach der Geburt, stellt dies ebenfalls eine mögliche Ansteckung für das Baby dar. Bereits Erkrankte sind in der Regel lebenslang gegen eine weitere Ansteckung mit Windpocken immun.
Mögliche Folgen einer Infektion
Neugeborene, Menschen mit geschwächtem Immunsystem sowie Patienten, deren Immunsystem unterdrückt ist – beispielsweise Krebs- oder Transplantationspatienten –aber auch sonst gesunde Kinder können schwere Krankheitsverläufe durchleben. Eine der häufigsten Folgen einer Windpockenerkrankung können „Sekundärinfektionen“ (auch „Superinfektionen“ genannt) sein. Dies kann beispielsweise durch das Aufkratzen der Hautbläschen entstehen, wenn Bakterien in die offenen Wunden gelangen. Weitere mögliche Folgen einer Windpockeninfektion sind Lungenentzündungen, Bronchitis oder sogar neurologische Komplikationen wie Entzündungen des Gehirns.
Schutzmöglichkeiten vor Windpocken
Um einer Infektionen mit Varizellen vorzubeugen, ist eine Schutzimpfung ratsam, die bereits seit 2004 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für alle Kinder und Jugendliche empfohlen wird. Die erste Impfdosis des Lebendimpfstoffes wird in der Regel zwischen dem vollendeten 11. und 14. Lebensmonat gegeben. Die zweite Dosis erfolgt dann im Alter von 15 bis 23 Monaten mit einem Abstand von etwa vier bis sechs Wochen zur ersten Impfung. Sie kann als Kombinationsimpfung mit Masern, Mumps und Röteln erfolgen.
Warum ist zweite Impfdosis so wichtig?
Nachdem zunächst nur die allgemeine Empfehlung einer Immunisierung gegen Windpocken in den Impfkalender der STIKO aufgenommen worden war, waren zunächst Durchbruchserkrankungen – also Fälle, in denen die Krankheit nach einer Impfung doch noch vereinzelt auftrat, immer wieder der Fall. Es folgte 2009 die Empfehlung für die zweite Impfdosis nach dem Vorbild USA. Wie eine aktuelle Studie zeigt, können mit dieser zweiten Dosis die allermeisten Erkrankungsfälle und fast alle schweren Verläufe vermieden werden. Während die Schutzrate durch die erste Dosis bei etwa 80 Prozent liegt, steigt sie nach der zweiten empfohlenen Impfung auf fast 100 Prozent an. Das Kind entwickelt dadurch vergleichbar so viele Antikörper gegen das Varizella-Zoster-Virus wie nach einer natürlichen Infektion.
Gürtelrose als mögliche Spätfolge einer Windpockenerkrankung
Nach überstandener Krankheit überdauern die Windpocken-Viren in den Nervenzellen des Körpers. Jahre später kann bei abnehmender Immunität, z.B. im Laufe des Alterns, durch Wiederaufflammen der Infektion eine Gürtelrose entstehen. Diese kann von starken Schmerzen begleitet sein, die monatelang anhalten können. An Gürtelrose erkrankt in Deutschland Schätzungen zufolge jeder fünfte Erwachsene im Laufe seines Lebens. Generell sollten sich alle neun- bis 17-Jährigen sowie Frauen mit Kinderwunsch gegen Varizellen impfen lassen, die als Kind keine Windpocken hatten und nicht dagegen geimpft wurden.
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